3D-Drucker unbeaufsichtigt laufen lassen / offenem Nutzerkreis zur Verfügung stellen?
Die Qual der Wahl
In den letzten Jahren haben 3D-Drucker - seien es FDM, DLP, SLA oder andere Varianten - die Aufmerksamkeit von Privatpersonen, Unternehmen und Vereinen wie uns gewonnen. Immer mehr Drucker werden an Konsumenten verkauft und der Absatzmarkt wächst stetig, wenn man sich die Statistiken ansieht. Gefühlt gibt es mehr 3D-Drucker Modelle auf dem Markt als Toaster oder Smartphones. Hinsichtlich der Komplexität lassen sich 3D-Drucker und Smartphones jedoch nicht unbedingt vergleichen. Denn bei 3D-Druckern handelt es sich um CNC-Fertigungsmaschinen.
Da ist die Auswahl eines geeigneten Druckers gar nicht so leicht, wenn man sich einen zulegen möchte. Denn die Feature-Liste ist lang und gerade für Einsteiger nicht besonders plausibel. Es wird häufig geworben mit spannenden Designs, Druckgeschwindigkeiten und Qualitäten. Was häufig auf der Strecke bleibt sind die täglichen Wegbegleiter, wie die Software, die kompatiblen Verbrauchsmaterialien oder Sicherheitsaspekte.
Auf dieser Seite finden sich ein paar allgemeine Gedanken zur Auswahl von 3D-Druckern, wenn man ernsthaft über einen Kauf nachdenkt. Insbesondere in FabLabs oder offenen Spaces, wo Technik geteilt wird, gibt es andere Bedürfnisse als in den Privatgemächern.
Fragen, die man sich beim Kauf eines FDM/FFF 3D-Druckers stellen sollte - eine Liste mit Gedanken (kein Anspruch auf Vollständigkeit)
Kosten - Anschaffung, Wartung, Betrieb, Reparatur?
- Was kostet der Drucker in der initialen Anschaffung? Lieber ein teureres Gerät kaufen, was weniger Wartungs- und Modifikationskosten erfordert?
- Welche Kosten fallen im Betrieb an? Hierzu zählen unter anderem Verschleißteile (Druckbettbeschichtung, Düse "nozzle"), Wartungskosten (z.B. Fette, Reinigungsmittel), Strom, Raummiete (es braucht ja Platz!) und Energie (Strom).
- Was kosten Verbrauchsmaterialien?
Feature-Set des Gerätes - Wünsche und Ansprüche (oder auch: Pflichten- und Lastenheft)
- Welche Verbrauchsmaterialien möchte ich drucken und welche Parameter benötige ich dafür? Wichtig sind hier beispielsweise das Vorhandensein eines beheizten Druckerbauraums ("heat chamber"), die maximale Temperatur des Heizbettes, die maximale Temperatur des Extruders, der Filamentdurchmesser (1,75mm vs. 2,85/3,00 mm), die maximale Druckgeschwindigkeit sowie das Extruder-Prinzip ("remote" versus "direct").
- Wie groß möchte ich drucken und welche Eigenschaften soll der Drucker generell haben? z.B. Druckraum, Düsendurchmesser, Geschwindigkeit, Anzahl der Extruder/Filamentwechselsystem/Mehrfarbdruck, Sensoren für smarte Erkennung von Kollision o.ä., Beleuchtung, geschlossener Bauraum, Achssystem XYZ, Fließbanddrucker, ...
- Welche Schnittstellen bietet der Drucker, um vorbereitete Modelldatensätze vom Slicer zu drucken? Üblich sind LAN, WLAN, USB und SD-Karte
- Welche Probleme können beim Drucken entstehen? Kritisch sind beispielsweise abgelöste Teile. Ein paar Probleme sind beispielsweise gut abgebildet und erläutert unter https://www.simplify3d.com/support/print-quality-troubleshooting. Welche technischen Feature benötige ich dafür, um diese Probleme zu umgehen oder zu reduzieren? Das fließt direkt in die Auswahl des Gerätes
- Welche Software-Suite unterstützt meinen Drucker am besten? In der Regel benötigt man Slicer und Print Hosts. Üblich sind Programme bzw. Software Stacks wie PrusaSlicer, Slic3r, Cura, Simplify3D, IceSL, MatterControl, Miracle Grue, Repetier Host, Octoprint, Astroprint, uvm. - welche dieser Programme kann ich meinem Nutzerkreis geeigneterweise überlassen?
- Welche Firmware ist auf dem Drucker installiert? Üblich sind Originale oder Varianten von Marlin, Repetier Firmware, RepRap Firmware oder SmoothieWare. Die Firmware ist häufig ein Indikator für die Stabilität, das Handling, die Kompabilität und die Updatefähigkeit über einen längeren Zeitraum
Zubehör / Lagerung / Sicherheit
- Ist der Drucker gekapselt? Können Nutzer sich verletzen, weil sie in bewegliche Mechanik oder ein heißes Heizbett oder Extruder greifen? Wie leicht kann der Drucker dadurch beschädigt werden?
- Wie gesundheitsverträglich sind die verwendeten Verbrauchsmaterialien? Werkstoffe wie ABS können Kopfschmerzen verursachen und übliche Gerüche verursachen.
- Wie und wo lagere ich meine Verbrauchsmaterialien? Die Empfehlung lautet: trocken und temperiert, um Versprödung oder Wasseraufnahme zu vermeiden
- Welche Vorraussetzungen sind notwendig, damit meine Nutzergruppe an den Drucker darf? Wenn ein Drucker von jedem bedient werden soll, sollten die Nutzer sich im klaren sein, wie der Drucker funktioniert, welche Werkstoffe damit gedruckt werden können und welche Grundparameter dafür eingestellt sind (z.B. Düsendurchmesser, Schichthöhe, eingelegtes Material, Start- und Endroutinen, Saubermachen, etc.)
- Wie sichere ich meinen Drucker? Bei ungeeigneter Installation kann der Drucker vom Tisch fallen - zum Beispiel, wenn sich die daneben befindliche, gerade eingespannte Filamentrolle verknotet, und sich der Drucker wie an einem Seil am Filamentstrang entlang zieht. Die Aufstellung des Druckers spielt eine wichtige Rolle - auch im Bezug auf Zugluft im Raum, die den Druck im Falle eines offenen Bauruams negativ beeinflussen kann.
- Welche Konfigurationsparameter hat mein Drucker? Diese Informationen sollten für alle Nutzer ausliegen, die damit drucken wollen. Bzw. wer stellt einen Rechner/Server zur Verfügung, um an diesem die 3D-Modelle entsprechend vorzubereiten?
Vendor Lock - Die Bindung an Unternehmen
- Sind meine Verbrauchsmittel proprietär, hoch im Preis und gering in der Vielfalt oder Austauschbarkeit (Stichwort "gechippte Filamentrollen")? Viele Hersteller binden ihre Kunden dauerhaft an Geräte, Software und das verfügbare Spektrum. Was einfach, smart und toll aussieht, offeriert häufig auch Fallen der Abhängigkeit vom Anbieter. Was, wenn dieser pleite geht oder seine Preise absurd in die Höhe schnellen? Was, wenn der Hersteller nicht mehr das liefert, was vorher versprochen wurde? Was, wenn die Hardware nur funktioniert, wenn das Gerät mit Servern des Herstellers verbunden ist und Daten wie Lizenzen austauscht (und dieser Server dann offline geht)?
Siehe auch
- Risk analysis for Hangprinter with FDM extruder
- Eine genauere Übersicht zu Kunststoffen: Kunststoffe und ihre Gefahren
Ein gescheiterter Druck, der unbeaufsichtigt lief. Ein Beispiel für sinnlosen Materialverbrauch, Zeitvergeudung und Risiko für Beschädigungen
Knotenbildung auf dem Rollenhalter. Die Spule hat sich unkontrolliert abgewickelt und Schleifen erzeugt.
Das Foto zeugt einen strammen Knoten. Die Rolle wurde für das Foto entfernt.
Noch ein Beispiel für einen gescheiterten Druck
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